Im Frühling dieses Jahres wurden in den Straßen Berlins erstmals rote, nach unten zeigende Dreiecke gesichtet. Sie tauchten auf Häuserwänden, Stickern und Plakaten auf. Kürzlich haben Besetzer die Flure des Instituts für Sozialwissenschaften (ISW) damit bedeckt. Im Internet wird spekuliert, was diese Symbole bedeuten: Handelt es sich um das umgedrehte Dreieck der palästinensischen Flagge?
Das rote Dreieck spielte vor dem 7. Oktober 2023 keine Rolle im palästinensischen Protest. Es stammt aus der Welt der Computerspiele. In Shootern wie „Metal Gear Solid V“ leuchten über den „Feinden“ rote Dreiecke auf – so weiß der Spieler, wohin er schießen muss.
Die Hamas nutzt diese Ästhetik in ihren Propagandavideos: Israels Soldaten wurden in der Nachbearbeitung mit roten Dreiecken markiert. Doch anstatt virtueller Feinde starben hier wirkliche Menschen. Trotz oder gerade wegen ihrer eindeutigen Terror-Handschrift verbreiteten sich die Symbole schnell und weltweit.
Auch in Berlin verwenden Gruppen sie als „Zeichen des Widerstands“ und in ihrer ursprünglichen Funktion: um Personen und Institutionen als Feinde zu markieren. Einem jüdischen Studenten, Lahav Shapira, wurde ein rotes Dreieck zugeschickt, bevor er von einem Kommilitonen krankenhausreif geschlagen wurde.
Unbekannte sprühten es über den Eingang eines Klubs und klebten es an die Fenster einer Kneipe – nachdem dort Vorträge über Antisemitismus gehalten worden waren. Und auch im ISW malten die Besetzer ein rotes Dreieck über das Namensschild eines Mitarbeiters, der zum Nahostkonflikt und zu Antisemitismus forscht. Im Kontext: eine Morddrohung.
Es ist richtig, dass Berlins Innensenatorin Spranger nun fordert, das rote Dreieck zu verbieten. Ebenso wichtig ist jedoch, dass die neuen Hasssymbole auch von Passanten, Anwohnern und der Zivilgesellschaft wahrgenommen und ernst genommen werden.
Besonders diejenigen, die sich mit dem Leid in Gaza solidarisieren, Studierende, die sich schützend vor die Besetzer stellen, müssen sich bewusst machen: Wer das Dreieck verwendet, zielt nicht auf das Leben der Palästinenser ab, sondern auf das Töten von Israelis. Und wer das Zeichen ignoriert, verschließt auch die Augen vor der Gewalt gegen Juden in Deutschland.